Von einer Metzgerei zum Ratssaal

Die Nutzung des Grundstücks Heidenstockstraße 14 in Niedermendig ist ein Spiegelbild der Geschichte des Stadtteils und des Strukturwandels im Handwerk. Eine Gedenktafel, die VG-Bürgermeister Jörg Lempertz den beiden letzten Eigentümern bei der Übertragung des Grundstückes versprochen hatte, erinnert jetzt im Ratssaal der VG Mendig an die Nutzung in den vergangenen mehr als 100 Jahren.

Ende des 19. Jahrhunderts ist an der Adresse Heidenstockstraße 14 ein Wohn- und Geschäftshaus mit vielen kleineren Läden errichtet worden. 1942 eröffneten dann die Eheleute Erich und Maria Schuth in diesem Haus eine Metzgerei. 1953 ließen die Schuths das Haus abreißen und bauten an gleicher Stelle ein neues Gebäude mit einem Schlachthaus und Verkaufsräumen. Der Betrieb wurde im Jahr 1964 von Elfriede und Franz-Josef Weiler – der Tochter und dem Schwiegersohn der Eheleute Schuth – übernommen. Im Dezember 1984 gingen das Gebäude und der Grundbesitz dann in das Eigentum von Helga und Otto Brandenburg über, die 1985 ebenfalls eine Metzgerei eröffneten. Nachdem die Eheleute Brandenburg aus Altersgründen den Betrieb aufgeben wollten und kein geeigneter Nachfolger gefunden werden konnte, erwarb die Stadt Mendig Ende 2014 das gesamte Anwesen, das 2019 Platz für einem dringend notwendigen Anbau des Rathauses der VG Mendig bot, der heute neben dem Ratssaal mehrere Büroräume und den Sozialraum für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beherbergt.

Jetzt besuchten Elfriede Weiler und Otto Brandenburg das Rathaus der VG Mendig und enthüllten im Ratssaal eine Gedenktafel im fertiggestellten Rathausanbau – welche an die Geschichte des Grundstückes erinnert. „Es ist unser politisches Sitzungszentrum und wir haben mit der Tafel nicht nur unsere Wertschätzung für das Grundstück und zu Ihnen zum Ausdruck gebracht, sondern wir konnten durch Ihre Bereitschaft der Übereignung auch eine optimale Lösung umsetzen, um an das bestehende historische Rathaus anzubauen“, erklärte VG-Bürgermeister Jörg Lempertz. Entstanden sei ein barrierefreier Anbau, der das vorhandene und unter Denkmalschutz stehende Gebäude stimmig ergänze und der das Ortsbild deutlich aufwerte.

Der Besuch von Otto Brandenburg und Elfriede Weiler war aber auch eine Reminiszenz an die vorherige Nutzung und den ehemaligen Stellenwert des Metzgerhandwerks in Niedermendig. In der Nachkriegszeit gab es nämlich insgesamt neun Metzgereien im Stadtteil, der heute über keine einzige mehr verfügt. Und die Metzgerei von Otto Brandenburg war sogar international bekannt. Seine Wurst und seine Wurstrezepturen waren auch in Japan ein Renner. „Ein ehemaliger Lehrling aus Japan und die Zusammenarbeit mit einer Gewürzfirma – für die ich auch Seminare in Japan durchführte – waren ausschlaggebend, dass auch heute noch ein Bild von mir auf der Pelle eines Bierschinkens ist, der in Japan verkauft wird“, schmunzelt der als „Japaner Otto“ bekannte Metzgermeister. Dass jetzt im Ratssaal eine Tafel hängt, die an seine Geschichte und an die der vormaligen Besitzer erinnert, macht sowohl ihn als auch Elfriede Weiler dementsprechend sehr stolz.